Bei jeder Operation werden Patienten zunächst einem
Stress ausgesetzt, der allerdings auch eine positive Wirkung hat: die
Aktivierung des Immunsystems. Es erfolgt eine Reaktion auf die Anästhesie und
die verabreichten Medikamente. Im Ganzen resultiert eine Veränderung in den
Immunzellen, vor allem in der Produktion von Zytokinen, jener Botenstoffe, die
verschiedenste Funktionen im Körper haben. Diese können sowohl Abwehrzellen
aktivieren als auch zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen, wenn es zu
einem überschießenden Effekt kommt.
Das bei gesunden Menschen vorhandene Gleichgewicht
aller immunologischen sowie inflammatorischen Reaktionen im Organismus wird durch
jeden Eingriff, ob Impfung oder Operation, gestört. Jene Prozesse sind jedoch für
den Ausgang einer Operation oder Impfung, z.B. für die Wundheilung sowie die
Dauer und Vollständigkeit der Genesung, sehr wichtig. Die Frage bezüglich einer
Corona Impfung nach Operation ist ebenso in diesem Kontext zu sehen wie die der
Impfung vor Operation.
Studien haben eindeutig gezeigt, dass eine Coronaimpfung
vor Operation das postoperative Sterberisiko verringert. Nach den im British
Journal of Surgery 2021 veröffentlichten Daten ist das Sterberisiko, weltweit
für die im Rahmen oder kurz nach einer geplanten Operation mit Sars- CoV-2 – infizierten
Personen im ersten postoperativen Monat um das Vier- bis Achtfache erhöht. Die
DGCH (Deutsche Gesellschaft für Chirurgie) rät Patienten daher zu einer
rechtzeitigen präoperativen Impfung gegen das SARS-CoV-2-Virus.
Eine Operation nach Coronaimpfung kann in
dringenden Fällen jederzeit durchgeführt werden. Bei einer geplanten Operation
sollten zwischen Impfung und medizinischem Eingriff ein paar Tage Abstand
liegen.
Für die zugelassenen Vektor- und mRNA-Impfstoffe wird ein Impfabstand
von mindestens drei Tagen vor einer Operation angegeben.
Studien zur besseren Abschätzung des notwendigen Abstandes einer Corona Impfung nach Operation abhängig vom verabreichten Impfstoff existieren nicht. Es gibt aber gute allgemeine Evidenzen und einen Konsens bezüglich aller Impfungen im Kontext mit Operationen.
Wesentlich ist dabei die Unterscheidung zwischen Lebend- und Totimpfstoffen. Die für die Coronaimpfung angegebenen drei Tage Abstand vor Operation sind dadurch begründet, dass es sich bei den heute zur Impfung gegen Sars-CoV-2 verwendeten mRNA- und Vektor- Impfstoffen nicht um Lebendimpfstoffe handelt. Denn bei Lebendimpfstoffen (wie zB. dem Masernimpfstoff) wird ein Abstand von zwei Wochen als sinnvoll erachtet.
Wenn ein chirurgischer Eingriff notwendig ist und die COVID-19-Impfung nach der Operation erfolgen soll, dann ist der Allgemeinzustand des Patienten zu beachten. Die Impfung kann durchgeführt werden, wenn der Allgemeinzustand des Patienten stabil ist. Der behandelnde Arzt sollte entscheiden, wann der Patient nach einem chirurgischen Eingriff für eine Impfung mit einem zugelassenen COVID-19-Impfstoff bereit ist. Je nach Situation kann eine Impfung gegen SARS-CoV-2 mehrere Tage (3 Tage oder länger) nach einer Operation ratsam sein. Eine Corona Impfung nach Operation sollte unbedingt mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.
Wichtig ist in jedem Fall das Thema möglichst rechtzeitig anzusprechen. Die Einhaltung eines Abstandes bei Corona Impfung nach Operation kann auch wünschenswert sein, um OP-Komplikationen und Impfreaktionen besser zuordnen zu können. Bei allen Patienten mit Störungen des Immunsystems sowie unter immunsuppressiven Medikamenten, oder, wenn im Zusammenhang mit der Operation eine Immunsuppression geplant ist, wird man sich möglichst zu einer Operation nach Coronaimpfung entschließen. In solchen Fällen ist die Zeit zum Aufbau eines Impfschutzes nach der Impfung zu beachten.
SARS-CoV-2-Impfung
und Anästhesie
Eine Beeinträchtigung der
Immunreaktion auf einen mRNA-Corona-Impfstoff durch eine Anästhesie wird nicht
erwartet. Wann es ratsam ist, eine Operation nach Corona Impfung oder generell
nach einer Impfung durchführen zu lassen, sollte der behandelnde Arzt
entscheiden. Dieser kann den medizinischen Einzelfall einschätzen und eine
fundierte Beratung durchführen.
Abstand
zwischen Operation und Impfung in anderen Ländern
In Australien wird ungeimpften oder
teilweise geimpften Patienten geraten, eine anstehende COVID-19-Impfung
mindestens eine Woche vor oder nach einer Operation durchzuführen. Dadurch wird
das Risiko reduziert, dass mögliche Impfreaktionen (bspw. Fieber) und
Operationskomplikationen (bspw. Wundinfektion) zeitlich zusammenfallen. Eine
Corona Impfung nach Operation wird in Australien im zeitlichen Abstand von einer
Woche empfohlen. Der Allgemeinzustand des Patienten spielt für den tatsächlich
möglichen Impfzeitpunkt eine Rolle.